Umsturz der Verhältnisse

Spielzeit 2022/2023

Der Krieg hat begonnen. Es ist nach Mitternacht. Ich werde wohl kaum einschlafen können, und es hat keinen Sinn aufzuzählen, was sich für immer verändert hat.

Yevgenia Belorusets, Tagebuch aus Kiew,
Donnerstag, 24. Februar: Der Anfang

Nein, wir wünschen uns keinen „gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung“, wie es im kommunistischen Manifest hieß. Wir haben aber das Gefühl, in einem Umsturz der Verhältnisse zu leben. Ereignisse, die bis vor Jahren undenkbar schienen, greifen unsere Weltsicht an. Wie kann man noch „Meinungen“ äußern? Oder behaupten, „das Richtige“ zu wissen?

Pandemie, Krieg, Aggression und gewaltsame Unterdrückung, autoritäre Diktaturen, die das Weltgeschehen bestimmen, ein Zusammenballen digitaler und ökonomischer Macht in den Händen Einzelner, ein unaufhaltsamer Fortschritt der Klimaveränderungen mit den einhergehenden Umwelt-Katastrophen lassen in uns das Gefühl der Ohnmacht wachsen.

Wir widmen die neue Spielzeit dem Punkt, an dem der Mensch – der private wie der politische – aufgefordert ist, auf den radikalen Umsturz zu reagieren. Nur eines scheint nicht möglich zu sein: sich nicht dazu zu verhalten.