Als Science Fiction-Story wurde der Roman konzipiert, inzwischen hat ihn die Gegenwart eingeholt (...) Gleichwohl verfügt das Theater über ureigene Trümpfe. Charlotte Sprenger spielt sie anhand ihrer fünf jungen Darsteller aus. Sie gehen energiegeladen, mit einem guten Timing und einem Schuss Humor zu Werke, den der Film nicht hat.
Wenn alle fünf Darsteller bei einer stilisierten Vergewaltigungsszene aller Kleidungsstücke entledigt zu einem irritierenden Reigen verschmelzen, liegen Schönheit und Schrecken bei diesen choreographierten Gewaltexzessen dicht beieinander. (...) Während die rigorose Konditionierung im Roman und im Film aus Alex noch ein wehrloses Wesen machten, dem nun das alles widerfährt, was er vorab seinen Opfern antat, wählt die Bühnenfassung von Julia Fischer und Charlotte Sprenger einen anderen, originelleren Weg.
(…) Auch die Ärzte in Clockwork Orange attestieren Alex schließlich seine Freiheit, doch Charlotte Sprenger münzt das in eine böse Volte um. Sie lässt Denis Merzbach minutenlang unbeweglich ins Publikum starren: Ecco Homo. Der vermeintlich freie Mensch, der aus eigenem Antrieb handelt, aber nicht einmal mehr zum Selbstmord in der Lage ist, wird zum Spiegel, in den der Zuschauer verunsichert glotzt. Das Theater kommt zum Erliegen - bevor sich der Abend dann im Spiel auflöst. Sehenswert!
Die ganze Welt ist nur die Zelle einer Irrenanastalt (...) Hier dreht das grotesk kostümierte Männerquintett voll auf. (...) Sie sind brutal und verletzlich, prahlend und anrührend schamvoll, wenn sie im Anschluss an die Vergewaltigung in völliger Nacktheit tanzend verschlingen.